Für die Katz
Reisen bildet, sagt der Volksmund, das heißt qua Definition: „Es formt den Menschen im Hinblick auf sein Menschsein.“
Wie ich vor kurzem so durch die Strassen von Lissabon gestrolcht bin, war ich mir dieses Formungsprozesses nicht bewusst. Das läuft quasi nebenher, automatisch. Wieder ein kleines Stückerl Menschsein zurechtgeschliffen, lackiert und aufpoliert.
Apropos – die abgebildeten Katzen aus Kreta und Portugal haben vom Weltwissen gewiss eine größere Portion abgegriffen, als der deutsche Stubentiger. Allein schon durch die Tatsache, dass sie sich nicht jeden Tag vor einen vollen Fressnapf buckeln können und dabei vom fingerfertig – tierlieben Dosenöffner durch den Tag gekrault werden.
Der edelste Weg klug zu handeln wäre das Nachdenken, hat Konfuzius einst behauptet.
Da wär man als Couch-Potato auf der sicheren Seite. Wenn das aufs Haustier übertragbar ist, gibt es Absolution für die deutsche Katz. Sie ist halt eine schnurrende Denkernatur mit edlen Absichten.
In alter Zeit gab es Universalgelehrte. Heutzutage heißen die Besserwisser oder Gscheidhaferl, in Ermangelung von Substanz. Schließlich hat das Wissen um die Welt sich aufgeplustert, dass es in kein Hirnstüberl mehr passt. Da kannst du nur selektieren. Ein Bildungshäppchen hier, eins da – eins für die Katz.
Thema Bildungshäppchen. Eine Schlagzeile ist mir gestern ins Auge gesprungen: Im Zeitungskasten hat sich ein Unterhaltungsfuzzi aufgeplustert – in zehn Zentimeter hohen Lettern – dass es keine schönen Frauen im Lande gäb. Da muss ich Goethe entschieden wiedersprechen, der gemeint hatte, dass der Irrtum einen Menschen eigentlich liebenswürdig macht.
Obwohl – solchen Nonsens darf jeder absondern, unabhängig von eigener Pysionomie bzw. Hirnvolumen – sagt das Grundgesetz. Artikel Fünf.
Aber es macht Angst. Nicht die depperte Beschwerde – nein, dass dieses Geschwubel vielleicht nicht mehr aus dem Hirn gehen könnte. Wenn du zum Beispiel erfahren willst für wen welche Laufstegtrulla das Designerröckchen hebt, findest du das allüberall angeschlagen, als wären es Luthers Thesen.
Aber frag mich wie ein Teilchenbeschleuniger funktioniert? Sorry – Fehlanzeige, das hat nicht mehr in meinen Schädel gepasst.
Wär das Hirn vom guten alten Universalgenie Leibnitz ganztag mit Larifari penetriert worden, wie die läufige Hündin vom Nachbars Lumpi – das wär wahrscheinlich zerbröselt wie das gleichnahmige Keks in der Hosentasche.
Dabei ging es auch anders mit der Wissensvermehrung. Man braucht sich nur umschauen, was zum Beispiel meine gelehrsamen Namensvettern beigetragen haben.
Nimm das!:
Die Musen, Grazien, Horen und Nymphen, mit Betrachtung der Flussgötter in philologischer, mythisch-religiöser und kunstarchäologischer Beziehung aus den Schrift- und Bildwerken des Alterthums
von Johann Heinrich Krause 1871
Untersuchung des Wortes: Wiphaet Im Schwäbischen Landrechte: Oder ob die Weiber der Sachsen sich von den Schwaben beschlafen lassen und dadurch Ihre Erbschaft verlohren
von Johann Gottlieb Krause 1733
Die Wahrsagung aus den Bewegungen lebloser Körper: unter dem Einflusse der menschlichen Hand (Daktylomantie)
von Ernst Krause 1862
Die Transformation der hyperelliptischen Funktionen, erster Ordnung
Martin Krause 1886
Die Neuralgie des Trigeminus : nebst der Anatomie und Physiologie der Nerven
von Fedor Krause 1896
Zeitaufgelöste Teilentladungsimpuls-Klassifikation mit neuronaler Online-Identifikation und -Unterdrückung stochastisch
von Wolfgang Krause
„Mich reuet Margaretha“: Das Schlussgebet des „Ackermann“
von Stefan Krause
(der Titel hat was)
Sapperlot – vielleicht wärs doch besser, man wär eine Katz. Die lässt sich nicht beeindrucken, es sei denn du hast einen Lachs in der Tasche. Der brauchst du nicht kommen mit Wissenslücken und Pipapo.
Die muss nicht grübeln. In ihrer Welt weiß sie immer genug – das wär schon mal ein Anfang.
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