Virus Logbuch, achtzehnter Tag:
Ein Film läuft vor meinem inneren Auge ab, als ich einen Blick auf meine verbrannte Fertigpizza werfe. Plötzlich offenbart sich mir die Welt. Ich kann es klar sehen. Sardellen, die das Artensterben repräsentieren, die Überfischung der Meere, verkohlte Peperoni wie umgestürzte, brandgerodete Regenwaldriesen, unsere grüne Lunge liegt danieder – und der verkrustete Käse, ein Abbild der Verschmutzung, die sich wie ein fleckig-gammliger Teppich über Mutter Erdes nackten Leib geworfen hat. Ja, ein letales System…
Mein Großvater kommt mir in den Sinn. Mit ihm hab ich meine erste Pizza gegessen, damals in Remscheid am Wipperufer. Ach nein, das war ja meine erste Currywurst. Pommes Schranke. Ich spür Tränen, die mir über die Wangen laufen. Wie sagt mein Großvater immer?
Okay, genug davon.
In alter Zeit hatten Tagebücher noch Schlösser und wurden unter dem Kopfkissen aufbewahrt oder in der Schublade vergraben. Nicht alles an alten Zeiten war sinnbefreit. Die Selbstbespiegelung fand im geheimen statt (oder meinetwegen bei der Psychoanalyse)
Die Zeiten von „Liebes Tagebuch“ sind definitiv Geschichte. Just wird das Innenleben hüllenlos an die digitale Pinwand geheftet, samt Selfie mit Wandergitarre auf dem blümchengemusterten Sofa.
Logisch, unser Hirnstüberl ist ja meist renovierungsbedürftig. Das bietet sich gerade an. Da eine Wand neu anpinseln, ein paar Möbel umstellen und wenns gröber ist, muss man dem Schimmel in den Ecken zuleibe rücken. Warum das allerdings alle Welt tangieren könnte, weiß nicht mal der Geier. (Ganz nebenbei: Wer will wirklich wissen, dass ich begeistert Shaun das Schaf geglotzt und wahnsinnig viel über Bisons und Moschusochsen gelernt habe, im Info-TV?)
Da fällt mir ein – Shaun ist perfekt, das Schaf kann ich wärmstens empfehlen. Da wird nicht gequatscht.
Show, dont tell. Die alte Autorenweisheit ist zum Schweigen gebracht worden, unter dem Lärm gockelnder Eigenreflektionen und den wortreichen Schilderungen des Nicht-Erlebten innerhalb der eigenen vier Wände. Das ist so verdammt trist.
Dabei gibt es Leut, die gerade unglaublich animierende, kreative Dinge auf die Beine stellen – lustige, traurige, bestaunenswerte und faszinierende Szenen, Texte, Bilder und vieles mehr entstehen lassen. Darin steckt Kraft, vielleicht auch Wut und die Gewissheit, sich nicht unterkriegen zu lassen von den coronarrischen Zeiten. (z.B. feier ich Bansky) Das hat was.
Und ja, Selbstbespiegelung kann spannend sein, in Kafkas Briefen, bei Bukowski, Klemperer, Hamlets Monologen oder beim wieder entdeckten eigenen Tagebuch auf dem Speicher.
Sonst fällt mir aber leider ad hoc kaum jemand ein, von dem ich eine innere Retrospektive oder noch schlimmer, eine Bilanz, lesen möchte. Auch wenn sie hübsch prosaisch daher käme – Sorry.
Noch was anderes, gänzlich ohne Überleitung aber mit Fanfaren:
Großes Dankeschön an all die Leut die sich „Ardan und die Schrecken des raunenden Waldes“ fürs geneigte Ohr geholt haben. Das Vergnügen sei mit euch. Und um auf die FAQs zu reagieren, ja, es gibt das Hörbuch auf allen Plattformen (Spotify, Audible, what ever) und nein, ein „Ardanbuch“ plane ich nicht.
Zum Thema Buch kann ich allerdings einen visuellen Teaser raushauen:
Demnächst mehr davon…
Passt auf euch auf, und am Schluss ein paar Jungschwäne (Nein, keine Enten! „Ente gut“ wär auch zu billig). Die flaumig-flauschigen Racker hab ich neulich am Bach abgelichtet und es war ein cooler Moment zu sehen, dass die Natur noch eine Menge vorhat oder so
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