Blümerant

Es gibt Momente im Autorendasein, da beschleicht dich der (hochmütige) Gedanke, ob du nicht mit der Schreiberei dazu beitragen solltest und könntest, die Welt ein wenig angenehmer zu machen. So wie sie grad daherkommt, mit all den Beulen und dem Rost, kommt sie kaum mehr durch den TüV.

Aber was angenehm für die einen ist, erscheint anderen als unnütze Plackerei.

Das zarte Blümchen hab ich mitten in München geknipst, weil ich es schätze, wenn die Natur sich widerständig zeigt und nicht nur der Berufsverkehr wächst und gedeiht. Die ein oder der andere sieht möglicherweise den Blick durchs Schallschutzfenster als Maximum an Lebensqualität. Alles eine Frage der Betrachtungsweise.

In einem Interview wurde ich vor einiger Zeit gefragt, welche Botschaft ich denn an meine Leser*innen vermitteln wollte. Fast hätte ich, wie einst Arnold der Barbar, mit einem „Stay hungry!“ geantwortet. Das Personal in meinen Geschichten ist ja durchaus schräg oder skurril unterwegs. Da gibt es Brüche, Verluste, Widersprüche, Grautöne und Schatten. Manchmal sind sie Narren, manchmal Helden, tappen in Fettnäpfchen oder wachsen über sich hinaus. Man kann sich an ihnen reiben, mit ihnen streiten, will sie packen und durchschütteln oder trösten und knuddeln. Weil ich das Glattgebügelte obskur und fad find und du es im realen Leben ohne Photoshop eh vergeblich suchen wirst, gerade wenn du dir den Blick für Zwischentöne bewahrst – finde ich.

Falls darin eine Botschaft verpackt sein mag, ist es wohl, dass ein einziger Augenblick oder ein Moment dir jederzeit dein Dasein auf links drehen kann, im Guten wie im Schlechten. Aber – Ernst und Tiefsinn beiseite gelegt – bin ich ein Geschichtenerzähler, der Freud am Unterhalten hat. Und falls der „Ernst“ manchmal durchscheint, für die Heiterkeit braucht es wohl – frei nach Shakespeare – mehr Verstand.

Als ich zwecks den „Garmischer Mordstagen“ durchs Werdenfelser Land strawanzt bin, haben mich die Wälder, Wiesen und Berge in den Bann gezogen. Die rostige Weltkugel hat noch blank gewienerte Stellen. Und den Fokus darauf zu richten und darüber nachzudenken, wie man damit gescheit umgehen kann, um es nicht zu verschmeißen, ist nicht das Verkehrteste, denk ich mir. Ernste Botschaft hin oder her. Aber solang ich noch Blumen in der Stadt find, vertrau ich (an nicht dystrophischen Tagen) drauf, dass noch was gehen könnt.

Weil ich Geschichten nicht nur aufschreiben, sondern auch gern erzählen mag, freu ich mich darauf am 20.10. in Ehrwald in Tirol, in der Bücherei zu lesen. Ein schöner Ort unter der Zugspitze. Es wird bestimmt ein unterhaltsamer und spannender Abend werden.

Über Roland Krause

Autor aus München, Geschichtenerzähler Romane: "Der Sandner und die Ringgeister" Piper Verlag 2011 "Fuchsteufelswild" Piper Verlag 2012 "Der Tod kann warten" Piper Verlag 2013 "Hurenballade - Stories" 2016 Balaena Verlag 2016 "Ardan und die Schrecken des raunenden Waldes" Fantasy-Hörbuch 2020 "Ein abgezockter Sauhund" Emons Verlag 2020 "Garmischer Mordstage" Emons Verlag 2022
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